Logo
Guten Tag,

nach außen herrscht an der Neubaustrecke Bielefeld – Hannover derzeit Ruhe, umso heftiger geht es zwischen Hannover und Hamburg zu. Der wahre Grund für die Ablehnung der Neubaustrecken kommt zutage: Der niedersächsische Verkehrsminister versteht den Deutschlandtakt nicht – oder er will es nicht. Das ist das Kernproblem auch zur Neubaustrecke Bielefeld – Hannover. Lesen Sie daher auch den letzten Abschnitt dieses Newsletter, wenn sie sich nur für Hannover - Bielefeld interessieren!

Trassen im Juni

Nach derzeitigen Informationen können, abhängig vom Arbeitsfortschritt, die detaillierten Trassen für Bielefeld – Hannover noch im Juni veröffentlicht werden.

*

Neigetechnik statt Neubaustrecke?

Nach dem schon bekannten Gegenvorschlägen der Bürgerinitiative Widuland und Prof. Hesse ist nun ein dritter Vorschlag veröffentlicht worden: Dipl. Ing. Rudolf Breimeier schlägt vor, die Fahrzeit Bielefeld – Hannover von 31 Minuten über eine ausgebauten Bestandsstrecke mit Neigetechnik zu erreichen. Was davon zu halten ist, können Sie hier detailliert nachlesen:
https://neubaustrecke-bielefeld-hannover.de/willkommen/neigetechnik-statt-neubaustrecke/

Die wesentlichen Kritikpunkte:
Schon grundsätzlich verbietet es sich, Neubauten auf transeuropäischen Magistralen auf spezielle Fahrzeugtechnik auszulegen. Dies widerspricht allen Zielen einer transeuropäischen Interoperabilität. Die Initiative Deutschlandtakt wird daher eine klare Ablehnung dieses Vorschlags formlieren.
Daneben macht Breimeier die gleichen Fehler wie auch schon alle anderen Kritiker: Die Geodaten der DB werden nicht genutzt und Trassenvorschläge in die Welt gesetzt, die schon aus Gründen der Unvereinbarkeit mit ökologischen und anderen Randbedingungen nicht vertretbar sind. Und: Der Deutschlandtakt wird nicht zu Ende gerechnet. Breimeier lässt zwar den Fahrplan zwischen Hamm und Hannover unberührt, möchte mit dem Einsatz von Neigetechnik die Fahrzeit zwischen Köln und Hamm kürzen. Den Fahrplan dafür rechnet Breimeier aber nicht und erkennt daher nicht, welche Nachteile sich für Güter- und Regionalverkehr ergeben und ob Verbesserungen der Deutschlandtakt überhaupt erreichbar sind. Wenn aber auf diesem Abschnitt der Einsatz von Neigetechnik nicht sinnvoll ist, so dient die Neigetechnik gerade noch auf 50 Kilometer Streckenlänge, also nur auf einem Achtel der Verbindung von Köln nach Berlin.
Wer ein einziges Ziel als Maß der Dinge sieht, scheitert an der Qualität der Gutachter des Deutschlandtakts, die alle Ziele im Auge behalten haben.

*

Resolution aus Ost-Ostwestfalen

In einer Resolution vom 20. März 2023 haben zahlreiche Politiker von Bielefeld bis Minden gefordert:
„dass der bisher zugrunde gelegte Deutschlandtakt ohne Vorfestlegung auf eine Fahrzeit von 31 Minuten und eine Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h zwischen Bielefeld und Hannover neu berechnet wird,
dass der Deutschlandtakt nachvollziehbar auf seine Stärken und Schwächen hin analysiert wird und
dass wissenschaftlich fundiert nachgewiesen wird, welchen Beitrag der Deutschlandtakt zur Erreichung der Klimaziele zu leisten imstande ist.“

Was ist davon zu erwarten? Nichts! Die erste Fehleinschätzung ist, dass die Fahrzeit von31 Minuten eine „Vorfestlegung“ sei. Sie ist das Ergebnis eines Erkenntnisprozesses, der in den Jahren 2017/18 im Rahmen der Entwicklung des ersten Entwurfs des Deutschlandtakts stattgefunden hat. Die Anwendung einer Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h ist wiederum das Ergebnis der geografischen und fahrplanrechnerischen Fakten. Auch der Nachweis der Klima-Wirksamkeit ist bereits im Rahmen des Abschlussberichts zum Deutschlandtakt dargestellt.
Was bedeutet die Resolution wirklich? Es ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich alle Beteiligten einigen konnten – selbst die, die im Herzen die Neubaustrecke befürworten. Denn: Wenn zwei Mathematiker die gleiche Aufgabe lösen, kommt das gleiche Ergebnis heraus. Aber da die Bundesregierung bisher den Rechenweg nicht kommuniziert hat, muss man das nicht glauben, solange der Erkenntnisweg nicht publiziert wird.
Lesen Sie dazu auch das letzte Kapitel dieses Newsletters!


*

Generalsanierung Minden - Wunstorf

Die Deutsche Bahn plan die Generalsanierung von wichtigen hoch belasteten Korridoren mit Vollsperrung.Dieses Projekt ist übrigens der Schlüssel dazu gewesen, dass die Deutsche Bahn Geld aus der Lkw-Maut erhält: Das Geld wird kurzfristig benötigt, kann aber auch kurzfristig ausgegeben wrden.
Mehr dazu:
https://www.allianz-pro-schiene.de/presse/pressemitteilungen/ergebnisse-koalitionsausschuss/
Als Pilotprojekt soll die Sperrung der Strecke Frankfurt – Mannheim im Jahre 2024 fungieren: Für 5 Monate soll die Strecke gesperrt werden, alle Züge werden umgeleitet. Im ICE-Verkehr ergibt sich eine Fahrzeitverlängerung um eine halbe Stunde, die Fernzüge fahren über die Umleitungsstrecken über Worms bzw. Darmstadt so langsam wie Regional- und Güterzüge, so dass auf den Umleitungen weiterhin für fast alle Zwischenhalte Regionalzüge angeboten werden können
Mehr im Faktenblatt:
https://www.deutschebahn.com/resource/blob/8824080/06dfca02e9d1bcd9661b7156191d13b5/Faktenblatt-Riedbahn-data.pdf
Dieses Konzept hat einen gewissen Charme: Es ist mit Erfolg bei der abschnittsweisen Sanierung der Neubaustrecke Hannover – Würzburg angewendet worden. Gegenwärtig wird der letzte Teil bis Ende dieses Jahres zwischen Kassel und Fulda saniert. Währenddessen wird der Regionalverkehr auf der Altstrecke reduziert, jede zweite Stunde wird der ICE Hamburg – München umgeleitet mit Halt in Eisenach und Erfurt statt Kassel und Fulda.
Inzwischen ist ein umfassendes Konzept aufgelegt, in denen Strecken und Termine für weitere Strecken genannt werden.
Pläne für 2025:
https://www.deutschebahn.com/de/presse/pressestart_zentrales_uebersicht/Fuer-ein-leistungsstarkes-Schienennetz-Weitere-Hochleistungskorridore-stehen-fest--9180068
Weitere Pläne sind über die Fachpresse bekannt geworden. Danach soll der Abschnitt Minden – Wunstorf im Jahr 2030 saniert werden. Wie darf man sich das vorstellen?
Das Folgende ist keine Planung der DB, aber eine realitätsnahe Prognose:
* ICE Rhein/Ruhr – Berlin: Umleitung über Paderborn (ohne Halt), Fahrzeitverlängerung 1 Stunde, kein Halt in Hamm und Bielefeld,
* ICE Amsterdam– Berlin: Umleitung über Nienburg, Fahrzeitverlängerung 1 Stunde.
* IC Köln – Dresden: Entfällt zwischen Dortmund und Hannover.
* Regionalverkehr Minden – Nienburg, Minden – Wunstorf, Herford – Elze werden durch Busse ersetzt, Hamm – Paderborn auf Stundentakt reduziert.
* Güterverkehr: Umleitung über Nienburg, Paderborn oder mit Dieselvorspann von Löhne nach Hameln.
* Dauer: 5-6 Monate.
Und womöglich kommt die Forderung, doch gleich ein drittes Gleis von Minden nach Wunstorf zu bauen – dazu im nächsten Kapitel.

Neues zu Hamburg - Hannover

Mittlerweile zeichnet sich die Vorzugstrasse der Neubaustrecke Hamburg – Hannover ab: Diese wird entlang der A 7 und B 3, also an Soltau und Celle vorbei, führen und bietet daher auch optimale Entwicklungschancen für das Land Niedersachsen. Aus einer nicht öffentlichen Vorlage für den Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages, die am 26. April 2023 beraten wurde, sickern erste Einzelheiten durch. So hat nur diese Trasse einen positiven Nutzen-Kosten-Quotient, und die Detailzahlen zu den vier untersuchten Trassenvarianten lassen erkennen, dass diese Trasse hinsichtlich der Betroffenheit (Wohnen, Lärm und Ökologie) eindeutig die günstigste ist. Um den Deutschlandtakt einzuhalten, genügt eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h, was natürlich auch hinsichtlich Bielefeld – Hannover Spekulationen weckt.
Unterdessen fordert die Landesregierung in Hannover, anlässlich der Generalsanierung auch gleich das dritte Gleis zwischen Lüneburg und Uelzen zu bauen.Diese Generalsanierung ist für 2026 vorgesehen, soll dafür aber auf 2028 verschoben werden.
Die DB hat zugesagt, Maßnahmen der Verbesserung der Kapazität zusammen mit der Sanierung umzusetzen. Vvon einer Zusage, dass das dritte Gleis gebaut werde, kann aber nicht gesprochen werden, auch wenn das einige Publikationen suggerieren.
Diese Zusammenhänge kamen anläslich eines parlamentarischen Abends am 17. April 2023 an die Öffentlichkeit. Wer mehr wissen will, kann die Tondokumente (2 Stunden) hier anhören und sich selbst ein Bild machen:
https://www.mw.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/schienenprojekt-alpha-e-losung-muss-einen-mehrwert-fur-niedersachsen-221512.html
Auf der Website
https://neubaustrecke-hamburg-hannover.de/
gibt es dazu einige Stellungnahmen und Hinweise.

*

Verkehrsminister Lies versteht Deutchlandtakt nicht.

In der Podiumsdiskussion am vorgenannten parlamentarischen Abend erklärte der niedersächsische Verkehrsminister Olaf Lies, der Deutschlandtakt sei grundsätzlich etwas Positives. Aber, so wörtlich: „Der Deutschlandtakt wird an vielen Stellen zu einer Art Totschlagargument. Ich kenne das von der Reaktivierung: Keine Haltestelle mehr möglich, weil die Haltestelle dafür sorgt, dass ich meine Fahrzeit nicht erreichen kann.“ Genauso sei es mit dem Ausbau: Eine bestimmten Lösung sei möglich, aber erreiche nicht den Deutschlandtakt. Das könne er im Detail nicht nachvollziehen.

Kommentar und Bericht:
Tatsächlich handelt es sich um das Kernproblem der Neubaustrecken für den Deutschlandtakt.
Nicht nur Lies meint, man müsse den Deutschlandtakt ändern können, um ein bestimmtes politisch erwünschtes Ergebnis zu erzielen. Genau das gleiche Unverständnis haben die Bundestagsabgeordneten Schwartze und Post an den Unterzeichneten herangetragen und gemeint, es sei doch zu prüfen, ob eine Fahrzeit von 41 Minuten von Bielefeld nach Hannover mit dem Deutschlandtakt zu vereinbaren sei. Und aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium kam das gleiche Ansinnen. Doch technische, geografische und wirtschaftliche Wahrheiten lassen sich nicht einfach negieren.
Der Deutschlandtakt ist der Versuch, geografische Fakten und technische Grenzen zu einem wirtschaftlichen Optimum zu bringen. Das wirtschaftliche Optimum wiederum betrifft Nachfrage und Erlöse, Investitionen, Betriebskosten, Personalkosten und Fahrzeugbedarf. Um ein bestimmtes Projekt (sei es ein Haltepunkt oder der Ausbau einer Bestandsstrecke) in den Deutschlandtakt zu integrieren, muss man im günstigsten Fall an anderer Stelle investieren – gerne den Bau vor anderer Leute Haustür fordern –, im schlechtesten Fall aber gravierende wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen, die bis zum Verlust der Konkurrenzfähigkeit des Systems Bahn reichen können. Solche Grenzen stoßen zweifelsohne auf den Widerstand von Politikern, die gewohnt sind, die Wünsche von Bürgern zu erfüllen, um wiedergewählt zu werden.

--------------

Dieser Newsletter braucht finanzielle Unterstützung.
Dieser Newsletter wird finanziell durch den Fahrgastverband PRO BAHN NRW e. V. getragen. Der Fahrgastverband PRO BAHN erhält keine öffentlichen Zuwendungen und ist auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen. Der Fahrgastverband PRO BAHN ist gemeinnützig, Spenden sind steuerbegünstigt. Unterstützen Sie uns, damit PRO BAHN Sie auch weiterhin informieren kann.
Spendenkonto IBAN DE11 3706 0590 0003 8078 00
BIC GENODED1SPK
Mitglied werden – Mehr Info


Danke für Ihr Interesse!

Initiative Deutschlandtakt und
PRO BAHN NRW e.V., PRO BAHN Niedersachsen e.V.
Rainer Engel, Referent Deutschlandtakt
Email Marketing Powered by MailPoet