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Während die Bekanntgabe der detaillierten Trassen zu Hannover – Bielefeld auf sich warten lässt, gibt es viele Informationen, die sich in erster Linie mit dem Projekt Hamburg – Hannover befassen, Sie lassen Rückschlüsse darauf zu, wie es mit Bielefeld – Hannover weitergeht.
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Das Bundesverkehrsministerium bleibt in Sachen Deutschlandtakt konsequent und nimmt mit der SPD – damit auch mit den örtlichen SPD-Abgeordneten aus Ostwestfalen-Lippe und Schaumburg – die Konfrontation auf.
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Bielefeld – Hannover: Sensible Bereiche untersucht
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Am 2. August teilte Volker Vorwerk, Planungsteam der DB, mit:
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„Mitglieder des Plenums und Menschen aus der Region hatten angeregt, sensible Bereiche in den Fahrzeit-Korridoren genauer zu untersuchen. Wir haben diese Anregungen gerne aufgenommen und Gutachter-Büros mit der Untersuchung beauftragt.
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Zu den sensiblen Bereichen gehören unter anderem die Bergsenkungen im Bereich Wunstorf durch den Kali-Bergbau, das Wesergebirge und der Obernberg bei Bad Salzuflen.
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Die Ergebnisse der Untersuchungen werden wir in den nächsten Monaten in Fach- und Regional-Treffen erörtern. Wir werden Sie rechtzeitig über den Fortgang der Planungen informieren.“
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Hamburg – Hannover: Trassen ausgeplant, Daten verfügbar
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Die Trassen für die Neubaustrecke Hamburg – Hannover waren schon Ende 2022 ausgeplant, und Beobachter deuteten die bekannt gewordenen Fakten dahin, dass eine Trasse an Soltau und Celle vorbei die Vorzugstrasse werden würde. Ein erstes Papier der DB zeigte den Trassenverlauf im Landkreis Celle.
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Die Daten lagen der Bundesregierung vor, diese sandte sie zurück, mit dem Auftrag, den regionalen Nutzen zu berücksichtigen. Daraufhin wurden die Daten der Bundesregierung im April erneut zugeleitet. Zu diesem Zeitpunkt war vereinbart, dass die Befassung des Bundestages vor der Sommerpause erfolgen sollte. Dafür hätte die Bundesregierung Trasse und Daten in einer Vorlage veröffentlicht. Diese Daten landeten auf Umwegen beim Fahrgastverband PRO BAHN und sind nunmehr in einer redaktionell bearbeiteten Fassung hier einzusehen:
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Das Ergebnis ist eindeutig: Danach ist ein Neubau an Soltau und Celle vorbei (Variante pink „A 7 / B 3") den anderen geprüften Varianten weit überlegen. Sogar ökologisch schneidet diese Neubauvariante besser ab als der viergleisige Ausbau des Bestandes. Erläuterungen zu den Hintergründen gibt es über oben stehenden Link.
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SPD will Neubaustrecken blockieren
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Auf Druck der SPD wurde die Befassung zunächst auf das Jahresende verschoben. Damit verschaffte sich SPD-Parteichef Lars Klingbeil, der sich in seinem Wahlkreis Heidekreis (Soltau) selbst von der Neubaustrecke betroffen fühlt, die Möglichkeit, unter dem Datum 15.06.2023 eine Entschließung der Bundestagsabgeordneten der Landesgruppen Bremen/Niedersachsen und NRW gegen diese Neubaustrecken zu veröffentlichen. Wesentlicher Inhalt ist das Narrativ, dass ein Ausbau des Bestandes schneller und billiger sei und dass die Zielfahrzeiten des Deutschlandtakts „starre Vorgaben auf dem Papier“ seien.
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Dieses Papier richtet sich auch unmittelbar gegen die Neubaustrecke Bielefeld – Hannover, auch wenn Hamburg – Hannover weit im Vordergrund steht. Verbal wird der Deutschlandtakt hochgehalten, inhaltlich richtet sich das Papier direkt gegen den Deutschlandtakt.
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Das ist nicht einfach zu erkennen, denn mit Geschick wird hinsichtlich Hamburg – Hannover eine Sprachverwirrung genutzt und das „optimierte Alpha E“ mit dem ursprünglichen „Alpha E“ verwechselt. Das ursprüngliche „Alpha E“ ist der nur dreigleisige Ausbau zwischen Lüneburg und Uelzen. Das „optimierte Alpha E“ ist hingegen der viergleisige Ausbau von Hamburg bis Hannover. Behauptet wird, das „optimierte Alpha E“ sei von der DB nicht geprüft worden, doch das sind die vorgenannten Daten, deren Veröffentlichung die SPD verhindert hat.
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Tatsächlich nicht geprüft wurde das ursprüngliche „Alpha E“, und diese Prüfung unterblieb, weil die Kosten des ursprünglichen „Alpha E“ weit höher sind als der Nutzen.
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Das SPD-Papier führte zu heftigen Reaktionen
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Kommentar NDR (Audio, 2 Min.)
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PRO BAHN-Pressemitteilung
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VDV und Allianz pro Schiene
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Und, wie der Spiegel berichtete, auch aus der SPD-Bundestagsfraktion selbst.
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„SPD-Fraktionsvize Detlef Müller, selbst Lokführer, ist darüber schwer verärgert. In einer Bundestagsrede im Juni griff er deshalb seine eigenen Parteifreunde scharf an. »Natürlich gibt es zu einzelnen Projekten Diskussionen. Die Diskussionen gibt es vor Ort, die gibt es in den Parteien, auch in den Fraktionen.« Aber ein »Not in my backyard« helfe überhaupt nicht weiter, schimpfte Müller …“
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Niedersachsen kontra Bundesverkehrsminister
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Nach Erscheinen dieses Papiers war zu hören, dass die Befassung des Bundestages auf das Jahresende verschoben sei. Doch es kam anders:
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Niedersachsens Landesverkehrsminister Olaf Lies hatte am 17. April 2023 den Bau des dritten Gleises Lüneburg – Uelzen zusammen mit der Generalsanierung der Strecke gefordert und gemeint, er könne bis dahin die Voraussetzungen für den Bau schaffen. Darüber habe man sich in Berlin geeinigt, berichtete Lies am 27. Juli 2023: Danach solle zunächst die Bestandsstrecke im Jahre 2028/2029 ausgebaut werden, dann solle geprüft werden, welcher weitere Bedarf noch bestehe, auf dieser Basis solle ein Raumordnungsverfahren stattfinden, und erst dann solle der Bundestag über einen weiteren Ausbau entscheiden – also in ungefähr einem Jahrzehnt.
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Schon am Tag darauf kam aus Berlin das Dementi:
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Man habe sich darauf geeinigt, dass Maßnahmen zusammen mit der Generalsanierung realisiert werden sollten, aber parallel dazu solle das Raumordnungsverfahren für den Neubau durchgeführt werden. Nach dem Raumordnungsverfahren solle der Bundestag befasst werden.
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Das bedeutet eine Verschiebung der Befassung von vielleicht zwei Jahren und kaum eine reale Verschiebung, denn die Pläne sind fast fertig und das Raumordnungsgesetz wurde erst jüngst geändert und eine Frist zum Abschluss des Verfahrens auf 6 Monate festgesetzt.
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Das Raumordnungsverfahren soll nur sicherstellen, dass das Projekt mit den vorhandenen Festsetzungen über die Raumnutzungen übereinstimmt und dass mehrere laufende Projekte miteinander koordiniert werden. Bisher war das Verfahren aber ein beliebtes Mittel zur Verzögerung, weil man auf die Planung von Vorhaben wartete, die angeblich zu koordinieren seien.
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Welche Öffentlichkeit wird beteiligt? Neue Dialoge
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Ein zentrales Narrativ des SPD-Papiers ist der Hinweis, dass Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht respektiert würden. Es wird behauptet, dass „Alpha E“ ein „Kompromiss“ des „Dialogforums Schiene Nord“ sei. Tatsächlich ist es eine Mehrheitsentscheidung eines nicht demokratisch legitimierten Gremiums, das von Anfang an von Gegnern des Neubaues dominiert war. Die Befürworter des Neubaues haben dieser Entscheidung nicht zugestimmt, darunter auch die fachkundigen Verbände PRO BAHN und Verkehrsclub Deutschland. Nicht anders ist es mit dem Beteiligungsverfahren zu Bielefeld – Hannover: Auch dieses Plenum ist nicht demokratisch legitimiert, und dennoch versuchten gerade die Gegner, Mehrheitsentscheidungen durchzusetzen. Diese Öffentlichkeitsbeteiligung wurde auf gesetzlicher Grundlage eingerichtet: Das Gesetz sieht lediglich eine Anhörung, aber keine Mitbestimmung im rechtlichen Sinne vor. Während also die Gegner aufgrund ihrer Lautstärke und Präsenz in der Presse meinen, eine Mehrheit darzustellen, sieht das Bundesverkehrsministerium das offenbar anders. Zugleich mit der Darstellung der Einigung mit Niedersachsen teilte der Bund mit, dass parallel zum Raumordnungsverfahren ein weiterer Dialog stattfinden werde. Was damit genau gemeint ist, ist noch nicht bekannt. Aber möglicherweise will der Bund neue Dialogformate empfehlen, die nicht von vornherein mit Gegnern besetzt sind, sodass eine konstruktive Mitwirkung möglich ist. So dürfte auch die Äußerung von Staatssekretär Theurer im nachfolgenden Interview zu deuten sein. Dort sagte Theurer „Wir wollen die Schiene ausbauen, aber nicht gegen die Interessen der Menschen.“ Daher fordert PRO BAHN auch in Sachen Bielefeld – Hannover, dass nach dem gescheiterten Plenum-Dialog neue Formate genutzt werden, die eine konstruktive Verbesserung von Trassenvorschlägen erwarten lassen. Vor allem Bürger an der Bestandsstrecke fühlen sich im Stich gelassen, sehen ihre Interessen von den Bürgerinitiativen nicht vertreten.
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Theurer-Interview: Schwierige Deutung
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Ein Interview im Westfalenblatt mit Staatssekretär Theurer am 1. Juli 2023 erweckte den Eindruck, dass dennoch der „Mehrheit“ in solchen Gremien gefolgt werde. Das Blatt titelte „In Frage kommt nicht nur eine neue Trasse“.
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Dies weckte Hoffnungen, dass über den von den Bürgerinitiativen gewünschten Verzicht auf eine Neubaustrecke wieder diskutiert werden könne. Doch dies dürfte eine verfehlte Interpretation sein. Nicht nur die vorstehend geschilderten Entwicklungen zur Neubaustrecke Hamburg – Hannover lassen den Schluss zu, dass an den Zielfahrzeiten des Deutschlandtakts festgehalten wird. Auch in der laufenden Fortschreibung des Zielfahrplans werden die Zielfahrzeiten des Fernverkehrs nicht infrage gestellt. Das ergibt sich aus zahlreichen anderen Dokumenten. Und mit dem von Theurer für möglich gehaltenen Ausbau der Bestandsstrecke dürften Trassen von Seelze bis Bückeburg sein, die relativ nah am Bestand liegen. Sprachverwirrung also nicht nur bei „Alpha E“, sondern auch hier. Und: Was in einem Interview steht, ist politisches Wortgeklingel für das Wählervolk. Aus anderen Zusammenhängen wissen wir, dass Antworten an Bundestagsabgeordnete sehr viel deutlicher ausfallen. Aber können wir erwarten, dass Abgeordnete aus der Region sie veröffentlichen und damit ihre Erfolglosigkeit zugeben?
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Wirtschaft für Neubaustrecken
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Auch die Interessen der Wirtschaft kommen in den Dialogforen nicht ausreichend vor. Es ist nicht die Art deren Vertreter, mit lauten Bürgerinitiativen zu diskutieren, ob eine Bahnstrecke um den Berg herum führt oder mitten hindurch. Dennoch bemerken auch die örtlichen Gewerbetreibenden, dass ihre Zukunft von guten Bahnverbindungen abhängt – erst recht im Wettbewerb der Standorte in Deutschland. Für Geschäftsreisende gilt: Zeit ist Geld, und qualifizierte Arbeitskräfte gewinnt man mit gut erreichbaren Standorten. Insofern sind die Industrie- und Handelskammern Ostwestfalen in Bielefeld und Lippe zu Detmold Vorreiter in der öffentlichen Stellungnahme: In Beschlüssen haben sie sich für schnelle und qualifizierte Bahnverbindungen ausgesprochen.
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IHK Ostwestfalen (Beschluss)
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IHK Lippe (Pressemitteilung)
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Planungsmittel Bielefeld – Dortmund freigegeben
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Die gemäß Deutschlandtakt vorgesehenen Ausbauten zwischen Dortmund und Bielefeld können jetzt geplant werden. Die „Fulda-Runde“ hat die Mittel dafür freigegeben. Zwischen Dortmund und Hamm sollen gemäß NRW-Takt 2040 zwei Gleise für den S-Bahn-Verkehr hinzukommen, sodass mehr Kapazität auf den übrigen Gleisen für Fern- und Regionalexpress entsteht. Zwischen Hamm und Bielefeld sollen künftig 300 km/h statt 200 km/h möglich sein. Seit 2002 treffen sich meist Ende März bzw. Anfang April in Fulda Vertreter des Bundesverkehrsministeriums, der Deutschen Bahn AG und des Eisenbahn-Bundesamts, um die unterjährige und mittelfristige Finanzplanung für die Umsetzung des Bedarfsplans Schiene zu besprechen. Weiterhin berät die „Fulda-Runde“ über die Finanzplanung für den Neu- und Ausbau auf Sicht von fünf bis zehn Jahren.
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Fahrzeit Hamburg – Hannover: Taktknoten Münster ist maßgeblich
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Details über den Trassenverlauf für den Landkreis Harburg sind hier veröffentlicht:
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Danach soll die Neubaustrecke für den Hochgeschwindigkeitsverkehr in die von Buchholz über Hittfeld verlaufenden Gleise einmünden, die vom Fern- und Nahverkehr aus Richtung Bremen genutzt werden. Der Zielfahrplan für den Deutschlandtakt sieht die gemeinsame Nutzung bereits vor und insbesondere, dass die Züge des ICE-Grundtakts aus Richtung Bremen und Hannover hier im Abstand von 3 Minuten fahren sollen, sodass die Optimierung der Anschlüsse im Hamburger Hauptbahnhof von und nach Norden und Osten beiden Fernverkehrslinien gleichermaßen dient. Damit wird ein überraschender Zusammenhang sichtbar: Die Fahrzeit Hamburg – Hannover wird über den integralen Taktknoten Münster (Westfalen) definiert. Münster ist schon heute einer der optimalen Knoten in Deutschland, der vom ICE nach Hamburg genau zur halben und vollen Stunde bedient wird, und das soll in Zukunft so bleiben. Die Fahrzeit bis Hamburg steht schon heute fest, weil die Strecke nicht ausgebaut werden soll, so soll der Sprinter, der ohnehin an Bremen vorbeifährt, künftig über Hannover (Kurve Leinhausen) fahren. Die vorgesehene Fahrzeit Hannover – Hamburg wird schon mit 250 km/h erreicht. Güterzüge über die Neubaustrecke sollen hingegen über eine Verbindungskurve und die von Buchholz kommenden Gleise zum Rangierbahnhof Maschen fahren. Zur Erschließung der Region kommen an mehreren Stellen Überholbahnhöfe im Landkreis Harburg in Betracht, die zu Regionalbahnhöfen für den Personenverkehr ausgebaut werden können.
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Initiative Deutschlandtakt und
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PRO BAHN NRW e.V., PRO BAHN Niedersachsen e.V.
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Rainer Engel, Referent Deutschlandtakt
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